Die Sagen um das Schloß Spyker
Um ein solches Haus ranken sich natürlich Sagen. Hier drei davon:
Die Belehnung des Herrn von Jasmund mit der Herrschaft Spyker
Ein Fürst, dem Rügen gehört hat, - ich weiß nur nicht, wer es gewesen ist,
ich denke, es wird wohl der pommersche Herzog gewesen sein, hat Jahr für
Jahr hier auf Jasmund gejagt.
So kommt er einst in die Gegend, wo nun Spyker steht. Das Land war ganz voller
Klettenbüsche (Kliewen) gewesen, und die klebten sich an den Haaren der Hunde
fest, so daß diese im Laufen behindert wurden.
Das hat den Fürsten verdrießlich gemacht. Da sprach der Staatsjäger (Leibjäger)
Namens Jasmund: Wenn ihm das Land verliehen sein sollte, wolle er die Klettenbüsche ausrotten. Ob er denn auch das Vermögen dazu habe, fragte ihn nun der Fürst. Ja, erwiderte der Jäger, das habe er und besitze ein Drömt (d.i. zwölf Scheffel) Geld. "Nun, so will ich dir das Land verleihen," war des Fürsten Antwort, "und das Drömt Geld sollst du in ein schönes Schloß vermauern!"
Jasmund hat es versprechen müssen und ist Herr des Landes geworden und hat dann das Schloß Spyker erbaut, und als der Bau vollendet war, waren gerade elf Scheffel Geld darauf verwandt worden. Das ist also noch ein Scheffel übrig gewesen, und den hat Jasmund, um sein Versprechen zu verfüllen, dann in einen Pfeiler des Schlosses einmauern
lassen.
Von dem Bauern Christian Bandelin in Glowe, 1862. Die Familie Bandelin gibt es heute noch in Glowe.
Wrangels Tod auf Schloß Spyker
Graf Karl Gustav von Wrangel, der bekannte schwedische Feldherr im 30jährigen Kriege,
erhielt nach Beendigung desselben die Herrschaft Spyker auf Rügen von der Königin
Christine von Schweden geschenkt. Hier hat er dann bis zum Jahre 1676 gelebt; am
24. Juni dieses Jahres aber machte ein plötzlicher Tod seinem Leben ein Ende.
Über seinen Tod verbreitete sich bald folgende Sage:
Es ist das Geschrei bekannt und sehr gemein, daß des Abends vor Wrangels Tode
der Stralsundische Scharfrichter mit verbundenen Augen über das Wasser war geholt worden durch zwei Offiziere, die ihn in einen herrlichen Saal gebracht, allwo viele vermaskete Personen und schwarz bekleidete Diener gestanden, die Türe mit starker Wache versehen gewesen und auf dem Boden eine große schwarze Sammet-Decke, mit goldenen Fransen bordiert, gelegen, auf welcher zwei große silberne Leuchter mit schwarzen Wachskerzen, so gebrannt, gestanden.
Nach welchem eine kleine Weile eine vermaskete Person in langen seidenen Schlafrock, ein Buch in den Händen haltend, von vielen vermummten Leuten hereingebracht worden, welche sich auf die schwarze Decke gesetzt, und der Scharfrichter auf gegebenes Zeichen an solcher Person sein Amt verrichten und ihm den Kopf abschlagen müssen, da nach geschehener Sache der Scharfrichter wieder nach Hause gebracht auf die Art, wie er gekommen, und in Stralsund ihm das Geld für seine Arbeit gezahlt worden ...
Weil nun gleich darauf den folgenden Tag das Geschrei entstanden, daß Wrangel zur Nacht am Schlagfluß gestorben, und man nicht wußte, daß ein Vornehmer sollte decolliert sein, so schließen die Leute teilweise gleich, daß solche Person müsse der Feldherr Wrangel gewesen sein.
J.von Bohlen: Der Bischofs-Roggen auf Rügen
Vgl. Monatsblätter V, 1891, S.58 f. XXVIII. 1914, S.177 ff
Baier: Strals.Gesch. S39
Gruselig? Nun, dies hier wird netter:
Der Hochzeitsbaum
In alter Zeit lebten zwei Familien in Spyker in Feindschaft zueinander. Nun begab es sich, daß der wohlgewachsene Sohn der einen Familie sein Herz an die reizende Tochter der anderen Familie verlor und sie zur Braut begehrte.
Dieser Gedanke war für die Eltern so unerträglich, daß das Mädchen einem anderen
versprochen wurde. In der Nacht vor der Hochzeit gelang es dem Mädchen aus dem
Elternhaus zu entfliehen und am ausgemachten Orte ihren Liebsten zu treffen,
der dort jede Nacht auf sie gewartet hatte.
Die Verliebten weinten und klagten gar jämmerlich über ihr Unglück. Geradewegs
da fuhr ein Blitz hernieder und ein alter Pastor, der nie wieder gesehen ward,
erschien. Er nahm die Hände der beiden Verliebten und traute sie vor Gott.
Daraufhin entschlummerten die Jungvermählten sanft.
Am nächsten Tage wurden sie zu ihrem größten Erstaunen von beiden Eltern freudig
empfangen. Am Orte dieser Trauung aber wuchs der Hochzeitsbaum. Man sagt noch
heute, er bringe dem Paar, das am Hochzeitstage mit voller Liebe im Herzen
durch seine Mitte schreitet, ewiges Glück und ewige Treue.
Zu dieser Geschichte sagt der Schreiber, der sich keinen Kommentar verkneifen mag:
Seht Ihr, auf Rügen geht es anders als mit Romeo und Julia in Verona!
Der Hochzeitsbaum ist sozusagen noch "in Betrieb", denn das Schloßhotel bietet
zauberhafte Hochzeitsarrangements an und der heutige Schloßherr wird es sich
kaum nehmen lassen, das junge Paar zum Hochzeitsbaum zu führen. Ein Blitz muß ja nicht sein. |