Die Natur ist in unserer Gegend so vielfältig, daß man das hier nur teilweise
oder stark verkürzt behandeln kann und das werden wir nach und nach in Form von
Bausteinen erweitern.
Der Landschaftsraum von Glowe im Nordwesten der Halbinsel Jasmund und des nahen
Teils der Schaabe (d.i. die Nehrung zwischen den Halbinseln Jasmund und
Wittow) ist einer der vielseitigsten Landstriche Rügens, bezogen auf
Naturausstattung, Landschaftsgliederung und –differenzierung und
Kulturgeschichte.
Er umfaßt neben den vielfältigsten Ufer- und Küstenbereichen und deren
unterschiedlichen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere auch die unterschiedlichsten
geomorphologischen Entwicklungsgebiete mit den dazugehörigen Bodensubstraten.
Zu den Küstenbereichen zählen zum einen die sehr jungen Strandwälle entlang der
Nehrung Schaabe, welche sich nacheiszeitlich (im Holozän) entwickelt hat,
sowie aktive bzw. passive Kliffs (Ufer), aus eiszeitlichen Bodensubstraten
bestehend (pleistozän).
Neben den Uferaufschlüssen von Kap Arkona und Mukran zählen die Bereiche zwischen
Königshörn und Rügen Radio zu den geologisch interessantesten Zeitzeugen komplexer
Vorgänge der letzten Kaltzeit (Weichsel) und sind so immer wieder ein interessantes
Exkursionsziel für Geologen.
Boddenseitige Ufer zeichnen sich aus durch breite Verlandungsabschnitte,
bestehend seit jüngerer Zeit zum größten Teil aus Schilf mit meist isolierten
Restbeständen einstiger Salzgrasgesellschaften. Diese Uferbereiche umfassen Teile
des großen Jasmunder Boddens, wie des Spyker- und Mittelsees, welche zum
Naturschutzgebiet Spycker-See gehören.
Sie entstanden mit der vor etwas 8000 Jahren einsetzenden Litorina-Transgression
(Transgression = Wasseraus-gleich zum salzhaltigen Nordseewasser, Litorina =
Muschel, nach der der Vorgang benannt wurde). In diesem Verlauf stieg der
Meeresspiegel an. Alle bis knapp unter dem heutigen Meeresspiegel liegenden Flächen
wurden überflutet.
Die sich anschließenden Küsten-Ausgleichs-Prozesse durch Anlandungen von
Strandwällen im Strömungs-schatten der Inselkerne (Waller Ort, Kegelinberg) führten
schließlich zur Bildung der Schaabe zwischen Jasmund und Wittow. Die Schaabe
riegelt die Ostsee vom Bodden ab und kann hydrologisch gleichzeitig als Pufferzone
zwischen beiden Gewässern gesehen werden.
Der Mittel- und Spycker-See bildeten zunächst eine einheitliche Bucht mit einer
Einschnürung durch einen pleistozänen Vorsprung von Südosten.(Daher eventuell der
slawische Flurname Slove? Vielleicht auch slawischer Sicherungsposten für die
seeseitige Verbindung nach Ralswiek, wo ein sehr frühzeitlicher Hafen nachgewiesen
ist?)
Von Glowe nach Spyker sind es ca. 3 km. Durch Hakenbildung und Verlandung
der flachen Seen entwickelte sich die Abgrenzung der Seen untereinander
und zum Großen Jasmunder Bodden. Alte Flurbezeichnungen zwischen den Seen deuten
auf den Verlauf historischer Furten –„Kleine Wedde“ und „Große Wedde“ – und zeigen
an, daß die Hakenbildung auch unter Wasser weit fortgeschritten war (Bedingungen
für eine Wedde: Fester Boden aus Seesand).
Die Seesandwiesen konnten sich im Zuge der Küstenausgleichsprozesse als letztes
Bindeglied in der Schaabe entwickeln. Dadurch, daß sich an dieser Stelle noch die
direkte Wasserausgleichsverbindung zwischen Ostsee und Bodden befand sowie wegen
der sich daraus ergebenden komplizierten Strömungsbedingungen bildeten
sich diese Bereiche erst in sehr junger Zeit.
Es gab mehrere Phasen dieser Entwicklung, die letzte und nachhaltigste fand vor
ca. 1000 Jahren statt (Pollenanalysen). Die Seesandwiesen bestehen aus einem System
von Strandwällen mit den Riegen (Senken), welches auf Grund seiner geringen
Mächtigkeit häufig in historischer Zeit von Hochwassern heimgesucht und modelliert
wurde. Dadurch ist es als ein Gemisch aus Seesand und Torf anzusehen.
Es hat sich in den letzten 30 Jahren durch unterschiedliche Nutzung erheblich
verändert.Das sich anschließende Naturschutzgebiet „Rote See“ besteht ebenfalls aus
einem System von unregelmäßig angeordneten + verlaufenden Strandwällen und Riegen,
die mit Torf ausgefüllt sind.
Als besonders breite Riege ist der inzwischen verlandete „Rote See“ anzusehen.
Entwicklungsgeschichtlich ist er ebenfalls im Zusammenhang mit den oben
beschriebenen Prozessen zu sehen. Diese unterschiedlichen Landschaftsstrukturen
gepaart mit einer intensiven Landschaftsveränderung in den letzten 150 Jahren
sind die direkten Ursachen für die reichhaltige Naturausstattung, wie sie in dieser
Konzentration nur noch an ganz wenigen Stellen Rügen anszutreffen ist.
Avifauna: Glowe spielt ähnlich einem Nadelöhr durch seine
Küstennähe, als Sprungbrett über die Schaabe, auch auch durch die
Boddenlandschaften eine erhebliche Rolle für den Vogelzug.
Das Naturschutzgebiet Spycker See ebenso für die Vogelrast, weniger
die Seesandwiesen.Für die unterschiedlichsten Greifvögel, Watvögel,
Enten, Gänse und Kraniche sind diese Bereiche ganz wichtige Lebensräume
oder Teiletappen auf ihrem Zug.
Brutvogelbereiche: Die Küstenregionen spielen in der modernen Zeit
diesbezüglich überhaupt keine Rolle mehr. Diese Brutvogelarten haben zeitweise
Ersatzlandschaften gefunden. Z.B. Flußregenpfeifer und Austernfischer während des
Maisanbaus in den Seesandwiesen. Andere Arten haben diese Landschaft verlassen.
Der Spycker See, die Seesandwiesen und der Rote See bieten den unterschiedlichsten
Vogelarten Brutmöglichkeiten.
Nennenswerte Beispiele:Graugänse, Brandgänse, Rotschenkel; Teichrohrsänger,
Drosselrohrsänger, Rohrammer, Goldammer, Kiebitz, Singdrossel, Misteldrossel,
Wald- und Gartenbaumläufer, Schwarzspecht, Kleinspecht, Buntspecht,
Waldschnepfe, Habicht, Mäusebussard
Wild: Es gibt in den Waldstücken und mindestens auf den
weitgehend naturbelassenen Freiflächen um Glowe: Rotwild, Schwarzwild,
Dachse, Baummarder, Steinmarder, Mauswiesel Fischotter, Füchse und Dachse.
Pflanzen/Gehölze: Salzgrasgesellschaften, darin z.B. Strandaster,
Strandwegerich, Trockenrasen mit Grasnelke, Skabiose, Flockenblume, Rohbodenflächen mit Bitterkraut, Sichelmöhre, Ackerhohlzahn, Sanddorn,
Schlehe und Wildobstarten. |